Dr. Wilfried Ballaschk  - Rechtsanwalt

 

Wegerecht

Umfang des Notwegerechts für ein Wohngrundstück:

 

 a) Einem Wohngrundstück fehlt die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Weg, wenn es nur zu Fuß oder mit dem Fahrrad über eine öffentliche Fläche erreicht werden kann; in diesem Fall kommt ein Anspruch des Grundstückseigentümers gegen seine Nachbarn auf Duldung der Benutzung ihrer Grundstücke zum Befahren mit Kraftfahrzeugen in Betracht, damit er mit diesen sein Grundstück erreichen kann.

 

b) Benutzt neben dem Berechtigten auch der duldungspflichtige Grundstückseigentümer die für einen Notweg in Anspruch genommene Fläche, tragen sie die Unterhaltungskosten anteilig.

 

BGH, Urt. v. 12.12.2008 – V ZR 106/07 -  

 

Auch hier hatte der BGH festgestellt, dass eine langjährige (in diesem Fall ca. 70 –jährige) Nutzung durch Lkw keine Duldungspflicht begründen könne. Diese Nutzung besagt nichts über die Ordnungsmäßigkeit der  Benutzung des verbindungslosen Grundstücks.

Auch der Umstand, dass sich auf dem eingeschlossenen Grundstück drei Garagen befanden begründet für sich kein Notwegerecht. Die Garagen seien für die ordnungsgemäße Benutzung nicht erforderlich, sondern Folge der persönlichen Bedürfnisse der Nutzer.

Auch die Überlegung, dass das Befahren im Einzelfall notwendig sein könne, z.B. bei Baumaßnahmen auf ihrem Grundstück oder bei Transporten schwerer Güter, führt nicht zu einem Notwegrecht. In solchen Fällen käme unter den Voraussetzungen des § 917 Abs. 1 Satz 1 BGB ein zeitlich befristeter Duldungsanspruch in Betracht.

Ein Notwegerecht kommt jedoch in Betracht, wenn eine vorhandene Verbindung (hier ein Fuß- und Radweg über eine öffentliche Fläche) für die ordnungsmäßige Benutzung des Grundstücks nicht ausreicht.

Die Erreichbarkeit mit Kraftfahrzeugen ist bei einem Wohngrundstück in der Regel notwendig. Beispielsweise sei auf die Versorgung mit Energie (Öllieferung) und die Entsorgung von Müll hingewiesen. Ebenfalls zur ordnungsmäßigen Benutzung gehört die Möglichkeit, sein Wohngrundstück mit dem eigenen Kraftfahrzeug anfahren zu können. Das gilt jedenfalls dann, wenn es - wie hier - nicht lediglich um das Abstellen von Kraftfahrzeugen auf dem Grundstück, sondern um dessen Erreichbarkeit mit Kraftfahrzeugen geht.

Die in jenem Fall vorhandene Verbindung des Grundstücks mit dem öffentlichen Weg ließ es nur zu, es zu Fuß oder mit dem Fahrrad zu erreichen. Dieser Zustand beeinträchtigt die Grundstücksnutzung in einem nicht mehr hinnehmbaren Maß; denn er verhindert die Befriedigung von Grundbedürfnissen der Bewohner wie z.B. die problemlose Anlieferung von Gegenständen des täglichen Lebensbedarfs sowie die sichere Erreichbarkeit des Grundstücks. Das steht der ordnungsmäßigen Benutzung als Wohngrundstück entgegen.

Allerdings können die Berechtigten nicht verlangen, dass ihnen die Benutzung entschädigungslos gestattet wird. Vielmehr müssen sie zum einen die Kosten der Unterhaltung dieses Straßenteils anteilig tragen; denn zur Unterhaltung des Notwegs ist der Duldungspflichtige grundsätzlich nicht verpflichtet. Zum anderen müssen sie an die zur Duldung Verpflichteten nach § 917 Abs. 2 BGB eine Geldrente zahlen.

 

 

 

Zurück zur Übersicht Urteile im Grundstücksrecht

Top