Dr. Wilfried Ballaschk  - Rechtsanwalt

 

Abschleppkosten bei unberechtigtem Parken auf Privatgrundstück

 

Wer sein Fahrzeug unbefugt auf einem Privatgrundstück abstellt, begeht verbotene Eigenmacht, derer sich der unmittelbare Grundstücksbesitzer erwehren darf, indem er das Fahrzeug abschleppen lässt; die Abschleppkosten kann er als Schadensersatz von dem Fahrzeugführer verlangen.

 

BGH, Urteil v. 05.06.2009 – V ZR 144/08

 

Sachverhalt:

Der Kläger hatte unberechtigt auf dem Parkplatz eines Einkaufszentrums geparkt. Der Pkw wurde abgeschleppt. Der Kläger löste dieses beim Abschleppunternehmen gegen Zahlung der Abschleppkosten von 165,00 € aus. Er forderte vom Einkaufszentrum die Abschleppkosten zurück. Ohne Erfolg!

 

Aus den Gründen:

 

Mit dem unbefugten Abstellen des Fahrzeugs auf dem Parkplatz des Beklagten beging der Kläger eine verbotene Eigenmacht im Sinne von § 858 Abs. 1 BGB. Zu Recht hat das Berufungsgericht dem Beklagten ein Selbsthilferecht zur Beseitigung der Besitzbeeinträchtigung zugestanden. Bei der Ausübung dieses Rechts ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren. Die Ausübung eines Rechts ist unter diesem Gesichtspunkt dann unzulässig, wenn sie der Gegenseite unverhältnismäßig große Nachteile zufügt und andere, weniger schwer wiegende Maßnahmen möglich gewesen wären, die den Interessen des Berechtigten ebenso gut Rechnung getragen hätten oder ihm zumindest zumutbar gewesen wären; es gilt das Gebot der schonendsten Sanktion. Danach war das Abschleppen des Fahrzeugs nicht unverhältnismäßig.

 

Auf eine Behinderung durch das parkende Fahrzeug kommt es nicht an.

Zwar kann die Ausübung des Selbsthilferechts nach § 859 BGB , auch wenn es verhältnismäßig ist, unter dem allgemeinen Gesichtspunkt von Treu und Glauben unzulässig sein. Dies ist aber dann nicht der Fall, wenn die Selbsthilfe eine verbotene Eigenmacht beseitigt, die nur einen örtlich abgegrenzten Teil des Grundstücks betrifft und die übrige Grundstücksfläche unberührt lässt, so dass diese ohne Einschränkung genutzt werden kann. Denn wie der Eigentümer andere von jeder Einwirkung ausschließen kann ( § 903 Satz 1 Alt. 2 BGB ), auch wenn dies ihn nur teilweise in dem Gebrauch seiner Sache beeinträchtigt, kann sich der unmittelbare Besitzer verbotener Eigenmacht durch Selbsthilfe unabhängig davon erwehren, welches räumliche Ausmaß sie hat und ob sie die Nutzungsmöglichkeit von ihr nicht betroffener Grundstücksteile unberührt lässt. Deshalb darf z.B. ein unbefugt auf einem fremden Grundstück abgestelltes Fahrzeug auch ohne konkrete Behinderung entfernt werden. Anderenfalls müsste der Besitzer die verbotene Eigenmacht all derer dulden, die - wie es der Kläger für sich in Anspruch nimmt - nur eine kleine, räumlich abgegrenzte Grundstücksfläche unbefugt nutzen, ohne dass dadurch die Nutzungsmöglichkeit der übrigen Fläche eingeschränkt wird; von seinem Selbsthilferecht dürfte der Besitzer nur gegenüber demjenigen Gebrauch machen, der sein Fahrzeug ohne Berechtigung auf dem letzten freien Platz abstellt. Dies widerspräche der rechtlichen Bedeutung, welche das Gesetz dem unmittelbaren Besitz beimisst.

 

Hinweis:

Ein Abschleppen wäre dann unverhältnismäßig, wenn der Besitzer des Grundstücks den Fahrer ohne großen Aufwand ermitteln kann, und dieser nach Aufforderung sein Fahrzeug unverzüglich entfernt.

Sofern der Besitzer des Grundstücks die Abschleppkosten bezahlt hat, kann dieser deren Erstattung im Wege des Schadensersatzes fordern.

 

 

Zurück zur Übersicht Urteile im Grundstücksrecht

Top