Grunddienstbarkeit nach § 116 SachenRBerG, Voraussetzungen und Umfang
Brandenburgisches Oberlandesgericht , Urteil vom 16.12.2009 - 4 U 32/02
Sachverhalt:
Die Kläger haben die Bewilligung einer Grunddienstbarkeit nach § 116 SachenRBerG gefordert Das Flurstück 204 wurde durch die Kläger seit 1964 als Zuwegung zu dem von ihnen auf dem Flurstück 217/1 bewohnten Haus genutzt. Sie nutzten das Grundstück Flurstück 204 u.a. dazu, mit Lkw Fäkalien von ihrem Grundstück abzufahren. Auch die Versorgungsleitungen zu dem von den Klägern bewohnten Haus verliefen bereits vor dem 03.10.1990 ebenso wie danach über das Flurstück 204. In den 1980er Jahren errichteten die Kläger an der Südseite des Flurstücks 204 eine Toranlage mit Sprechfunk und Klingel für ihr Haus. Mit Grundstückskaufvertrag vom 16.07.1990 kauften die Kläger auch das Grundstück, Flurstück 217/1. Aus den Gründen: Die Voraussetzungen des § 116 SachenRBerG liegen vor. Diese Nutzung ist bereits vor dem 02.10.1990 begründet worden (§ 116 Abs. 1 Nr. 1 SachenRBerG). Die Kläger nutzen den auf dem Flurstück 204 befindlichen Weg bereits seit 1964 sowohl in Form des Begehens als auch in Form eines Befahrens mit PKW sowie - jedenfalls zur Abfuhr von Fäkalien – mit LKW. Die Nutzung des Flurstücks 204 ist auch für die Erschließung und/oder Entsorgung eines eigenen Grundstücks oder Bauwerks der Kläger erforderlich (§ 116 Abs. 1 Nr. 2 SachenRBerG). Das Flurstück der Kläger (217/1) ist nicht an das öffentliche Wegenetz angeschlossen. Der einzige derzeit vorhandene begeh- bzw. befahrbare Weg, um auf das Flurstück 217/1 zu gelangen, führt über das Flurstück der Beklagten (204). Ein Recht, das Flurstück 204 der Beklagten zu begehen , ist bereits deshalb erforderlich, um überhaupt auf das Grundstück der Kläger zu gelangen. Es besteht jedoch auch eine Erforderlichkeit für ein Wegerecht in der Ausformung eines Fahr rechts Entgegen der Auffassung der Beklagten setzt eine nach § 116 Abs. 1 Nr. 2 SachenRBerG zu bewilligende Dienstbarkeit nicht voraus, dass sie in ihrer jeweiligen Ausformung unabdingbar erforderlich ist. Für § 116 Abs. 1 Nr. 2 SachenRBerG reicht es aus, dass die Erschließung oder Entsorgung eines eigenen Grundstücks auf anderem Wege als dem der Mitbenutzung des betroffenen Grundstücks unverhältnismäßig kostspieliger, technische aufwendiger oder anderweit belästigender wäre (BGH, Urteil vom 09.05.2003 – V ZR 388/02 – Rn. 14; BGH, Urteil vom 20.02.2009 – V ZR 184/08 – Rn. 14). Da die gesamten Außenanlagen des Grundstücks der Kläger darauf ausgerichtet sind, dass eine Zufahrt zu den auf dem Grundstück befindlichen Nebengebäuden sowie zu dem Hauseingang des klägerischen Hauses (oder auch nur zu einem Bereich in dessen Nähe) über das Flurstück 204 erfolgt, wäre die Errichtung einer Zuwegung ohne Nutzung des Flurstücks 204 ohne Zweifel kostspielig und technisch aufwendig, zumal – wovon sich der Senat im Ortstermin überzeugen konnte – eine Zuwegung immer über den vorhandenen Graben und das angrenzende sumpfige Gelände erfolgen müsste. Eine Breite von 3 m ist für das Befahren mit jedwedem Fahrzeug erforderlich, so dass es auch in Bezug auf den Umfang des Fahrrechtes nicht darauf ankommt, ob die Entsorgung der Sickergruben auch in anderer Weise als durch Überfahren des Flurstücks 2004 mit dem dazu erforderlichen LKW möglich wäre. Auch in Bezug auf das Leitungsrecht liegen – mit Ausnahme des Rechts zur Verlegung einer Abwasserleitung – aus den bereits zu 1. ausgeführten Gründen die Voraussetzungen eines Anspruchs aus § 116 SachenRBerG auf Bestellung und Eintragung einer entsprechenden Grunddienstbarkeit vor. Dass die Leitungen auch heute noch zur Ver- und Entsorgung des Grundstücks der Kläger erforderlich sind, haben die Beklagten lediglich im Hinblick auf die Leitung zur Versorgung mit Klingel und Sprechfunk zur Toranlage in Abrede gestellt. Auch insoweit gilt jedoch, dass die Erforderlichkeit jedenfalls so lange fortbesteht, wie die Toranlage mit einem entsprechend verschlossenen oder zu verschließenden Tor auf dem Flurstück 204 vorhanden ist. Solange ein zu verschließendes Tor existiert, müssen die Kläger die Möglichkeit haben, mittels Klingel und Sprechfunk mit Personen, die zu ihrem Eigenheim gelangen wollen, zu kommunizieren. Ein Leitungsrecht in Bezug auf eine Abwasserleitung steht den Klägern aus § 116 SachenRBerG dagegen nicht zu, da die Sachenrechtsbereinigung nur in Bezug auf solche Nutzungen stattfindet, an denen bis Ablauf des 02.10.1990 Mitbenutzungsrechte bestanden oder die vom Rechtsträger bzw. Eigentümer geduldet wurden, ohne dass ein Mitbenutzungsrecht förmlich begründet wurde, oder die von einer staatlichen Stelle angeordnet oder gebilligt wurden. Die Abwasserentsorgung des klägerischen Grundstücks erfolgte jedoch vor dem 03.10.1990 (und erfolgt auch noch heute) in der Weise, dass die Abwässer in Sickergruben gesammelt und in regelmäßigen Abständen mit Hilfe eines Lkw abgefahren wurden. Selbst wenn inzwischen für das klägerische Grundstück – wie die Beklagten behaupten – ein Anschluss- und Benutzungszwang in Bezug auf die öffentliche Abwasserentsorgung bestehen sollte, könnte den Klägerin ein Anspruch in Bezug auf ein entsprechendes Leitungsrecht gegen die Beklagten deshalb lediglich nach § 117 BGB (Notwegerecht) bzw. nach § 44 BbgNRG zustehen. Der nach diesen Regelungen bestehende Duldungsanspruch ist als gesetzliche Eigentumsbeschränkung jedoch nicht im Grundbuch eintragungsfähig.
|