Zur Bemessung des Ausgleichsanspruchs nach dem Grundbuchbereinigungsgesetz
Brandenburgisches Oberlandesgericht Urt. V. 27.11.20087 – 5 U 171/07 -
Orientierungssatz Maßgeblich für die Bemessung des nach § 9 Abs. 3 GBBerG eröffneten Ausgleichsanspruchs ist der Umfang der Inanspruchnahme und die sich hieraus ergebende Beeinträchtigung und Einschränkung der Nutzbarkeit des Grundstücks und zwar zum maßgeblichen Stichtag des Inkrafttretens des GBBerG am 25. Dezember 1993, da die beschränkte persönliche Dienstbarkeit an diesem Tage kraft Gesetzes begründet worden ist.
Aus den Gründen:
Der Kläger fordert eine Entschädigung für das gesamte Grundstück in Höhe von insgesamt 61.994,14 € (= 121.250,- DM: 25,- DM/m² x 4.850 m²). Denn durch die Inanspruchnahme für die Fernwärmeleitung sei sein gesamter Grundbesitz (Flurstücke 461 und 466) betroffen und entwertet. Die Flurstücke 461 und 466 könnten deswegen von der Straße aus nicht mehr erreicht werden. Damit sei für beide Flurstücke die Anbindung an das öffentliche Straßenland abgeschnitten. Der B.weg sei keine öffentliche Straße und nur durch Überquerung anderer Flurstücke (460, 467, 468) erreichbar. Die L.straße sei durch eine Grabenanlage abgetrennt und liege mindestens 50 m von seinem Grundbesitz entfernt. Die Flurstücke 461 und 466 könnten mangels Erschließung nicht mehr als Bauland verkauft werden. Der Umfang der Inanspruchnahme seines Grundbesitzes betrage mindestens 600 m² (20 m x 30 m auf dem Flurstück 466). Geltend gemacht war zunächst ein Teilbetrag in Höhe von 5.500,00 €. Das Landgericht Cottbus hat die Klage hinsichtlich der geltend gemachten Teilforderung durch Urteil abgewiesen. Bislang seien die Flurstücke 461 und 466 nur als Grün- und Brachland genutzt worden und diese Nutzung sei weiterhin möglich. Die Erreichbarkeit dieser Flurstücke über das öffentliche Straßenland sei jedenfalls mittels Notwegerechts gewährleistet.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Die Beklagte trägt vor: Zum Bauland seien die Flurstücke des Klägers erst durch den Bebauungsplan aus dem Jahre 1998 geworden. Dieser sehe die Erschließung der Flurstücke 461 und 466 über eine noch zu errichtende Stichstraße von der ... Straße her vor. Die Flurstücke des Klägers seien nur als Brachflächen genutzt worden.
Aus den Gründen: Auf die Berufung des Klägers ist die angefochtene Entscheidung einschließlich des ihr zugrunde liegenden Verfahrens gemäß § 538 Abs.2 Satz 1 Nr.1 ZPO aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Cottbus zurückzuverweisen.
Für das weitere Verfahren wird folgendes zu beachten sein: Anspruchsgrundlage ist allein § 9 Abs.3 Satz 1 bis 3 GBBerG.
Maßgeblich für die Bemessung des nach § 9 Abs.3 GBBerG eröffneten Ausgleichsanspruchs ist der Umfang der Inanspruchnahme und die sich hieraus ergebende Beeinträchtigung und Einschränkung der Nutzbarkeit des Grundstücks, wobei es auf die tatsächlichen Nachteile und Nutzbarkeitsbeschränkungen ankommt. Zu ermitteln ist der hieraus resultierende Wertunterschied, und zwar zum maßgeblichen Stichtag des Inkrafttretens des GBBerG am 25. Dezember 1993, da die beschränkte persönliche Dienstbarkeit an diesem Tage kraft Gesetzes begründet worden ist (§ 9 Abs.1 Satz 1 GBBerG).
Insoweit ist zum einen die Nutzung und Nutzbarkeit des Grundbesitzes des Klägers zum maßgeblichen Stichtag am 25. Dezember 1993 und zum anderen die Frage, ob der Grundbesitz des Klägers einen Zugang und eine Zufahrt zum öffentlichen Straßenland hat, aufzuklären.
Zwar hat der Kläger seinen Grundbesitz bislang offenbar allein als Grün- und Brachland genutzt. Fraglich (und entscheidend) ist jedoch, ob der Grundbesitz schon zum 25. Dezember 1993 als Bauland im Mischgebiet nutzbar war. Hierfür spricht die Auskunft des Gutachterausschusses vom 2. Juli 2004 und der Umstand, dass die Beklagte den darin genannten Verkehrswert für erschließungsbeitragsfreies baureifes Land im Mischgebiet von 25,- DM/m² (Stichtag: 31. Dezember 1993) selbst für die Berechnung ihrer Entschädigungszahlung an den Kläger zugrunde gelegt hat. Andererseits datiert der Bebauungsplan wohl erst von Juni 1998. Die Einordnung des Grundbesitzes des Klägers als „Bauland“ zum Stichtag am 25. Dezember 1993 ist zwischen den Parteien streitig und durch Auskunft der Stadt E. zu klären.
Sollte der Grundbesitz des Klägers zum maßgeblichen Stichtag „Bauland“ (im Mischgebiet) gewesen sein, so ist zu berücksichtigen, dass die Nutzbarkeit des Grundbesitzes als Bauland voraussetzt, dass die Erschließung des Grundbesitzes, also die Anbindung an den öffentlichen Verkehrsraum, gesichert ist (§ 30 Abs.1, § 34 Abs.1 Satz 1, § 35 Abs.1 BauGB; § 4 Abs.1 Nr.2 und 3, §§ 5, 65 BrbgBauO). Hierfür genügt ein Notwegerecht (§ 917 BGB) nicht zumal die hieraus resultierende Entschädigungslast des Klägers nach § 917 Abs.2 BGB dann auch bei der Bemessung der Entschädigung nach § 9 Abs.3 GBBerG mit zu berücksichtigen wäre]. Sollte der Grundbesitz des Klägers deshalb, weil der Zuweg zur ... Straße durch die etwa 1 m oberirdisch quer über die gesamte Breite des Grundbesitzes (jetzt: Flurstück 466) verlaufende Fernwärmeleitung versperrt ist, keinen Zuweg zum öffentlichen Straßenland haben, so wäre also die Nutzbarkeit des gesamten Grundbesitzes des Klägers als „Bauland“ gehindert und käme dann gfs. auch für den gesamten Grundbesitz der Wertunterschied zwischen Bauland und Brachland als Entschädigungsbetrag in Betracht. Die Frage der Anbindung des Grundbesitzes des Klägers an eine öffentliche Straße ist zwischen den Parteien freilich streitig und durch Nachfrage bei der Stadt E. zu klären; in diesem Zusammenhang zu klären ist auch die Behauptung der Beklagten, dass nach dem Bebauungsplan eine Stichstraße von der ... Straße aus zum Grundbesitz des Klägers vorgesehen ist. Sodann wäre zur Frage des Wertunterschiedes zwischen Bauland und Brachland gfs. ein Sachverständigengutachten einzuholen.
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